Seit einigen Jahren zünde ich mein Silvesterfeuerwerk elektrisch über zwei selbst gebaute, kabelgebundene Zündgeräte. Anfang Dezember hatte ich dann doch einmal das Verlangen, per Funk zu zünden. Schnell also eine Funkzündanlage bestellt? Na ja beim suchen nach einer passenden Lösung habe ich immer wieder Gründe gefunden, die angebotenen Anlagen nicht zu kaufen.
Ein wesentliches Problem bei meinem Aufbau ist, dass ich keinen zentralen Abbrennplatz habe, auf dem ich in aller Ruhe meine Effekte aufbauen kann. Die Batterien sind in der Regel auf meinen mobilen Batteriebrettern montiert und zwar zwei bis maximal vier Bilder auf einem Brett. Mit dieser Konstellation fallen Zündanlagen die 12 oder mehr Kanäle auf einem Empfänger haben raus. Ich könnte davon nur 2-4 Kanäle nutzen.
Sehr gut hätte mir die Einzelkänäle gefallen, aber dann hätte ich pro Brett 2 bis 4 Empfänger, die zu allem Überfluss auch noch Stabantennen gehabt hätten. In der Dunkelheit einer Silvesternacht, mit der Hektik wären die wohl schnell abgebrochen oder spätestens nach zwei Silvestern korrodiert - vom Pulverdampf.
Also "schnell" selbst was bauen? Es war klar, dass ich in diesem Fall auf bestehende Komponenten zurückgreifen musste, damit das dieses Jahr noch was wird. Bei ELV (http://www.elv.de) bin ich dann fündig geworden. Das System "FS20" funktioniert zwar auf 868Mhz, was besser ist als 433Mhz oder niedrigere Frequenzen, aber leider nicht meine Wunschfrequenz von 2400Mhz. Das wird wohl die nächste Funkanlage.
Der 868Mhz ist deshalb gut geeignet, weil die Bundesnetzagentur diese Frequenz nur für Schaltanwendungen und nicht die die 433Mhz für Drahtlosmikrofone, Datendienste, PMR-Funkgeräte und Funksteuerungen freigegeben ist. Das positive Bild wird aber getrübt von der möglichen Störung des Bandes durch den neuen Handystandard LTE. Um Sörungen zu umgehen kann statt des einfachen Pendelempfängermodul das trennschärfere Superhet-Modul verwendet werden.
Auf diesem Bild ist das 4-Kanal-Schaltempfänger-Modul von ELV zu sehen. Die Bezeichnung "Bausatz" spottet jeder Beschreibung. Im Auslieferungszustand müssen lediglich die Drahbrücken, die bedrahteten Bauteile und das Empfängermodul aufgelötet werden. Alle anderen Bauteile (SMD) sind bereits auf der Platine aufgelötet.
Weil die SMD-Bauteile schon aufgelötet waren, mußte ich, ganz im Gegenteil die vier Endstufen wieder von der Platine schubsen. Hier sieht man den betroffenen Bereich.
die Transistoren, die vier Kerkos und die acht Widerstände mußten wieder ausgelötet werden, damit der Empfänger für meine Zündanlage tauglich wird.
Anstatt der Endstufe wird eine kleine Platine angeflanscht, die jeweils vier Lowside-Treiber (BTS 141-45) und die Stromkreis-Testschaltung aufnehmen. Ich habe hier die Bauteilzahl auf ein minimum beschränkt. Hier sieht man den Treiber, links einen Digitaltransisor mit zusätzlichem Sicherheits-Vorwiderstand und einen Massedraht der von unten den Emitter versorgen wird (noch nicht gelötet).
So sehen drei Sätze nach der Fertigstellung aus.
Gerne unterschätzt werden die Aufwände für das Gehäuse, die Bedienelemente und die Verdrahtung der Platinen.
Ich wollte in jedem Fall die Empfangslogik und die Zündlogik strikt trennen. Deshalb auch die beiden Schalter. Der Sicherheitsschalter macht das ganze System erst zündfähig. Mit dem Schalter recht daneben kann aber das komplette System bereits vor dem "scharf"-machen getestet werden - von der Kanalzuordnung, der Programmierung des Empfangs und dem Zustand der Stromkreise.
Auf dem oberen Bild ist der 100Ohm Widerstand zu sehen, der das Zündsystem mit Energie versorgt.
Hier eine Empfangsbox-verkabelt. Derzeit läuft der Empfänger mit 9V, kann aber bis zu 27V erweitert werden.
Nach drei Tagen Löten, Schrauben und Kleben ist nun meine Anlage fertig. Ich habe sie nach der Nomenklatur Ignit3 getauft.
Ein Komplettest hat gezeigt, dass das Konzept auf geht.
Hier die Vorteile der Lösung:
- Reichweite (Freifeld) 100m, 500m anderes Modul, beliebig mit Repeatern
- Alle FS20-Komponenten können integriert werden (derzeit 58)
- Programmierung der Zuordnung Taste-Kanal möglich
- Programmierung des Zündverhaltens möglich
- Stromkreisdiagnose mit 0,5mA
- Zündung mit Kondensator, eingebaute Entladung bei Deaktivierung und "Scharf"-Anzeige
- Sehr niederohmige Anbindung der Zündkreise innerhalb des Geräts
- RIA-Vebinder für schnellen Wechsel auch bei bestehender Verdrahtung
- Spannungsbereich 9V...27V
- Sicherheitsschalter für Zündkreis
- Kurzschlussfest
- ESD-fest (3kV, einfach erweiterbar)
- 868Mhz Arbeitsfrequenz
- Maximaler Zündstrom 25A...50A (Dauer limitiert durch Kondensatorkapazität und eingebauten Limiter)
- Zündkreis-Innenwiderstand ca. 71mOhm (ESR Kondensator, RDS(on), Klemmen, Kabel...)
- Codierung des Zündkreises mit sog. Hauscode
Ich bin gespannt, wie sich die Anlage Silvester verhält. Natürlich ist die Lösung noch nicht der engültige Stand, denn einige Punkte sind bei der Anlage offen geblieben:
- Keine verschlüsselte Übertragung
- Kein Frequenz-Hopping/Wechselstrategie
- Kein Rückkanal vom Empfänger zum Sender
- Beschränkung der Spannung auf max. 24..27V
- Kein wasserdichtes Gehäuse
Aber vielleicht habe ich in den nächsten Jahren mehr Zeit, um was vernünftiges zu bauen :-)